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Mieze mit mysteriösem Tumor
Veröffentlicht am:
15.05.2024 18:03:24
Kategorie :
Allgemein
15.05.2024 - Eine Katze wird wegen ihrer Lahmheit behandelt. Ein Tumor ist schnell gefunden – aber die Symptome bessern sich trotz Behandlung nicht. Gibt es noch ein anderes Problem?
Eine 7 Jahre alte Hauskatze, weiblich, kastriert, wurde mit fortschreitender Ataxie der Beckengliedmaßen in eine Tierklinik überwiesen. Die Katze wurde regelmäßig geimpft und entwurmt. Zum Zeitpunkt der Einlieferung befand sie sich in einem guten körperlichen Zustand und wies keine Vorerkrankungen auf. Ein Trauma konnte nicht ausgeschlossen werden, da die Katze Freigängerin war, aber die Tierärzte konnten keine offensichtlichen Verletzungen feststellen.
Ihr Haustierarzt hatte bereits Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule sowie eine Hämatologie und Biochemie angefertigt, diese waren ohne besonderen Befund. Eine mehrwöchige Behandlung mit Meloxicam hatte nicht zu einer Besserung der Symptome geführt.
Tumor des Rückenmarks?
Eine allgemeine körperliche Untersuchung in der Klinik ergab sonst keine Auffälligkeiten. In der neurologischen Untersuchung konnte eine moderate Ataxie der Beckengliedmaßen festgestellt werden. Die Propriozeption und die spinalen Reflexe waren normal. Die Palpation der Wirbelsäule ergab eine Schmerzhaftigkeit auf Höhe des Iliosakralgelenks. Es lagen keine Hirnnervendefizite oder Verhaltensauffälligkeiten vor.
Für weitere Untersuchungen wurde unter Vollnarkose ein CT-Scan der Wirbelsäule durchgeführt. Dort entdeckten die Tierärzte links lateral eine extradurale, gut abgrenzbare, ovale, mäßig verstärkte Verdichtung auf Höhe von T9.
Die Verdichtung nahm etwa zwei Drittel des Wirbelkanals ein und führte zu einer starken Kompression des Rückenmarks (Maße: 4,5 × 3,5 × 9,3 mm). Es konnte keine knöcherne Reaktion des Wirbelkörpers von T9 nachgewiesen werden.
Tumor-OP
Eine chirurgische Exploration wurde zunächst abgelehnt, die Katze wurde weiterhin mit Meloxicam behandelt. Aufgrund einer Verschlechterung der neurologischen Symptome willigte der Besitzer jedoch 5 Tage später in eine Operation ein. Präoperativ war die Allgemeinuntersuchung immer noch unauffällig; bei der neurologischen Untersuchung zeigte sich jedoch ein Fortschreiten der Ataxie. Eine erneute CT-Untersuchung vor der Operation zeigte eine Größenzunahme der extraduralen Masse bei T9 (4,9 × 3,7 × 11 mm) mit stärkerer Rückenmarkskompression.
Es wurde eine linksseitige dekompressive Hemilaminektomie auf der Höhe von T8–T10 durchgeführt. Intraoperativ zeigte sich auf der Höhe von T9 eine linksseitige homogene, nicht knocheninvasive extradurale Masse, die zu einer schweren Rückenmarkskompression führte. Der Tumor hatte keine offensichtliche Kapsel und konnte aufgrund seiner sehr brüchigen Konsistenz nur teilweise entfernt werden. Die Gewebeproben wurden in Formaldehyd konserviert und zur histopathologischen Untersuchung eingeschickt.
Die Diagnose
Postoperativ wurde die Therapie in der Klinik mit Amoxicillin-Clavulansäure, Maropitant, Buprenorphin, Metamizol, Prednisolon und kontinuierlicher Infusion mit Ringer-Laktat fortgesetzt. Die histopathologische Untersuchung ergab schließlich ein eosinophiles Stützgerüst, das mit zahlreichen Lymphozyten, Plasmazellen und einigen Granulozyten und Makrophagen durchsetzt war.
Darüber hinaus konnten eingestreute kleinere Gefäße sowie vereinzelte Nekrosen gefunden werden. Außerdem konnten einzelne zystische Gebilde mit körnigem Inhalt (wahrscheinlich Bradyzoiten) identifiziert werden.
Histopathologisch wurde die Diagnose einer hochgradig gemischtzelligen, chronisch eitrigen und nekrotisierenden, teilweise granulomatösen Entzündung aufgrund einer Toxoplasmose gestellt. Eine anschließende Blutuntersuchung und Antikörperbestimmung mittels Immunfluoreszenz bestätigte die Diagnose, wobei IgM-IFT negativ und IgG-IFT mit Werten von > 1:1024 stark positiv war. Eine anschließende PCR-Untersuchung des Granulomgewebes war ebenfalls positiv für T. gondii.
Trauriges Wiedersehen
Aufgrund der Diagnose wurde die Therapie auf Clindamycin (22 mg/kg q12h PO) für 6 Wochen umgestellt. Prednisolon wurde nach 5 Tagen ausgeschlichen und die Behandlung durch Meloxicam (0,1 mg/kg q24h PO) für insgesamt 2 Wochen ergänzt.
Eine Nachuntersuchung erfolgte 5 Wochen nach der Entlassung. Nach Angaben des Besitzers verbesserte sich die neurologische Funktion der Hintergliedmaßen zunächst, stagnierte dann aber. Bei der Nachuntersuchung war eine leichte Ataxie nachweisbar, Propriozeption und spinale Reflexe zeigten keine Defizite in allen vier Gliedmaßen. Aufgrund der fortbestehenden Ataxie der Beckengliedmaßen und der Besorgnis über eine verbleibende Kompression durch das Granulom oder dessen Wiederauftreten wurde schließlich eine weitere CT-Untersuchung unter Vollnarkose durchgeführt. Es zeigte sich eine kleine Weichteil-Läsion im linken Epiduralraum bei T9 mit den Maßen 0,8 × 3,4 × 7 mm, die zu einer leichten linkslateralen Kompression des Rückenmarks führte. Auch im Bereich der linken Hemilaminektomie und links lateral entlang des Dornfortsatzes von T9 konnte eine Kontrastmittelanreicherung nachgewiesen werden.
Spätere telefonische Nachfragen des Besitzers ergaben, dass sich das Gangbild der Katze allmählich weiter verbesserte, aber eine leichte Gangabnormalität blieb. Neun Monate nach der Operation verschlechterte sich der neurologische Zustand der Katze akut und sie wurde auf Wunsch der Besitzer ohne weitere klinische Untersuchung eingeschläfert. Die Besitzer lehnten eine pathologische Untersuchung dieses Mal ab.
Achtung, Tierärzte!
Bei Katzen sind häufige Ursachen für Ataxien der Beckengliedmaßen entzündlicher bzw. infektiöser oder neoplastischer Natur und lassen sich meist im Bereich der Wirbelsäule lokalisieren. Seltenere Ursachen sind Traumata, angeborene vaskuläre und degenerative oder metabolische bzw. alimentäre Erkrankungen.
Die Toxoplasmose ist eine häufige parasitäre Erkrankung der Katze, die zentralnervöse Defizite verursachen kann. Laut der Autoren handelt es sich bei dem geschilderten Fall jedoch um den ersten Bericht eines durch T. gondii verursachten Granuloms an der Wirbelsäule bei der Katze. Obwohl dies sicher nicht häufig auftritt, kann es nicht schaden, die Erkrankung als Tierarzt bei Lahmheiten im Hinterkopf zu haben.