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Erwartung und Wirklichkeit des Berufsbild "Tierarzt/Tierärztin
Veröffentlicht am:
22.01.2024 16:59:44
Kategorie :
Allgemein
, Wichtige News
Dr. Christine Bothmann, 1. Vizepräsidentin des Bundesverbands der beamteten Tierärzte (BbT),christine.bothmann@amtstierarzt.de
Erwartung und Wirklichkeit
Tierärztin ist ein Traumberuf und ich persönlich würde ihn immer wieder wählen! Im Wandel der persönlichen und beruflichen Entwicklung der Tierärztin selbst entwickelt sich das Berufsbild und die Sicht darauf. Das Berufsbild wandelt sich auch mit der Zeit und der gesellschaftlichen Weiterentwicklung um die Tierärztin herum. Die Wünsche und Erwartungen an das Berufsbild Tierärztin/Tierarzt vor Studienbeginn, bei Studierenden, im persönlichen Umfeld und der Gesellschaft sind nicht kongruent und beinhalten echte Zielkonflikte. Tierarzt und Tierärztin treten bereits während des Studiums und bei den ersten Schritten in das Berufsleben der Wirklichkeit entgegen und mit diesen Schritten passt sich das eigene und auch das Bild des eigenen Umfelds an. Dieses „Ankommen“ betrifft natürlich nicht nur den tierärztlichen Beruf. Und bei Berufen mit Tieren und gerade in Bezug auf „Tier“ entwickeln sich die gesellschaftliche Sichtweise und die darin prägende emotionale Komponente rasant. Die damit einhergehenden Erwartungen an den Beruf sind in Bezug auf Tiere in den vergangenen Jahren einer starken Veränderung unterworfen.
Wer prägt mit seinen Erwartungen das Berufsbild der Tierärztin in der Öffentlichkeit?
In der Öffentlichkeit ist die Tierärztin eine Begleiterin und Unterstützerin von Menschen, die Tiere halten (=nutzen) und eine Schützerin für die Tiere im natürlichen und gesellschaftlichen Umfeld. Dies wird erwartet und ggf. mit Nachdruck gefordert. Dies wird aber auch genauso abgelehnt und verurteilt. Natürlich prägen auch mediale Darstellungen das Berufsbild oder besser gesagt, sie spiegeln die gesellschaftlichen Erwartungen an das Berufsbild. Manchmal wird es verklärt und manchmal auch beschädigt.
„Die Tierärztin diagnostiziert und heilt“ ist vielleicht ein wenig kurz gesprungen, aber das gesellschaftliche Bild der Humanmediziner:innen ist ein ähnliches. Das Fördern von Klischees hat nichts mit der Realität zu tun und die Berufsausübenden geraten in eine scheinbare Zwickmühle zwischen Realität und Darstellung. Das ist natürlich nicht tiermedizin-spezifisch und triff auch auf viele andere Berufe zu, wie z. B. die bereits genannte Humanmedizin.
Erwartungen an das Berufsbild der Tierärztin bei Tierhaltenden
Hat sich das Bild der Tierhaltenden von der Tierärztin in den letzten Jahren nun tatsächlich gewandelt? Nein, denn die Tierärztin hat auch in früheren Zeiten die Halter:innen von Tieren begleitet (wohl eher der Tierarzt…). Sie hat mit der Gesunderhaltung von Tieren den Menschen unterstützt und geschützt: Schutz vor Krankheiten und Zoonosen, Sicherung der Nahrung und der wirtschaftlichen Grundlage sind hier zu nennen. Und auch „früher“ schon der Schutz der Menschen und ihrer emotionalen Bindung an die Tiere. Heute stehen diese artgerechten und emotionalen Bedürfnisse von Mensch und Tier mehr denn je im Vordergrund. Verhaltenstherapie von Mensch und Tier ist ein wichtiger Teil des Berufs geworden. Zu Recht!
Verhalten und Haltung sind untrennbar miteinander verbunden.
Also müssen hier auch die Tierhalter:innen nochmals unterteilt werden in Halter:innen von Heimtieren und von Nutztieren? Der Begriff "Companion Animal“ hat hier eine zentrale und wichtige Rolle eingenommen. Die Tiere als Begleiter mit einer innigen, tiefen Beziehung zum Companion Human. Daraus generiert sich in der Ableitung auch die Companion-Rolle für die Tierärztin, also eine positiv besetzte Tier-Tierhalter-Begleiter-Rolle der Companion-Tiermedizinerin.
Was prägt das Berufsbild der Tierärztin in der Wirklichkeit?
Die bis hierhin geschilderten prägenden Faktoren sind natürlich auch in der beruflichen Wirklichkeit relevant. Der Umgang mit Tierhaltenden bestimmt vorrangig die berufliche Wirklichkeit. Die Erwartungen der Tierhalter:innen sind doch aber die gleichen wie im Rahmen der vorher beschriebenen Erwartungen? Die reellen Anforderungen im geschützten Raum der Praxis sind deutlich andere, als die gesellschaftlich kommunizierten Erwartungen. Die wirtschaftlichen Parameter sind hier prominent und prägend auf beiden Seiten. Bei den Erwartungen bleiben sie meist unerwähnt oder werden zur Nebensache. Trotzdem sind die wirtschaftlichen Forderungen der Tierärztin an den Tierhaltenden im Rahmen der Berufsausübung in der gesellschaftlichen Wahrnehmung anerkannt und werden für berechtigt gehalten. Dies wandelt sich umgehend, wenn die Kosten tatsächlich geltend gemacht werden.
Und doch sind Unkenntnis, gerne zusammen mit Unwillen bei so mancher Gelegenheit schwer bis gar nicht zu überwinden. Eigene Bedürfnisse zu decken, wird vom Tierhaltenden absichtlich oder unabsichtlich über alles, insbesondere die Bedürfnisse des Tieres, gestellt. Dies trifft für Tierhalter:innen und die Gesellschaft, also die Öffentlichkeit gleichermaßen zu. Manchmal erscheint hier die Berufsausübung ein Kampf gegen Windmühlen. Die hohe Emotionalität der Diskussion ist schwer belastend für alle Beteiligten. Das vorrangige Berufsziel – das Leid der Tiere zu mindern, lässt sich dann nur schwer oder gar nicht verwirklichen.
Aber: Die Tierärztin ist für das Tier da!
Was macht die Tierärztin, wenn der/die Tierhaltende die zwingend notwendige Behandlung verweigert, die Praxis verlässt und das ganz und gar nicht zum Wohle seines/ihres Tieres?
Was macht die Tierärztin, wenn Verstöße gegen Tierschutzrecht, aus welchen Gründen auch immer, nicht oder zu spät festgestellt werden oder die Beweisbarkeit nicht gelingt oder die gerichtliche Ahndung versagt wird?
Also ist die Wirklichkeit nicht nur von einer Erwartungs-Diskrepanz Tierärztin – Gesellschaft und Tierärztin – Tierhalter/in, sondern auch von der Erwartungs-Diskrepanz Tierärztin – Tier geprägt.
Was ist nun das Wichtigste, um sich in dem Spannungsfeld zu behaupten? Liebe zu Tier und Mensch - Eine klare innere Haltung - Ein schützendes Umfeld!
Denn: Tierärztin ist ein Traumberuf und ich persönlich würde ihn immer wieder wählen!
BTK-Pressekonferenz 19. Januar 2024, Bundestierärztekammer e. V., Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Tierä