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Auflagen für Glyphosat in D werden nicht gelockert
Veröffentlicht am:
17.06.2024 17:28:10
Kategorie :
Allgemein
16.06.2024 - Der Bundesrat hat die weitere Zulassung von Glyphosat ohne inhaltliche Maßgaben gebilligt. Damit werden die bislang geltenden Anwendungsbeschränkungen nicht gelockert.
In der Länderkammersitzung am Freitag (14.6.) fand eine vom Agrarausschuss geforderte generelle Aufhebung des Anwendungsverbots glyphosathaltiger Herbizide in Wasserschutzgebieten und Heilquellenschutzgebieten ebenso wenig eine Mehrheit wie eine Zulassung in Ausnahmefällen. Auch ein Glyphosateinsatz in Naturschutzgebieten bleibt verboten.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium zeigte sich erleichtert. Greenpeace lobte Ressortchef Cem Özdemir. Der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Dr. Holger Hennies, reagierte hingegen enttäuscht. Der Industrieverband Agrar (IVA) begrüßte, dass jetzt Rechtssicherheit herrsche, warnte aber vor nationalen Sonderwegen im Pflanzenschutz. Die geänderte Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung tritt am 1. Juli 2024 in Kraft. Sie löst die seit Jahresbeginn per Eilverordnung erlassenen befristeten Regelungen ab.
Werkzeug für nachhaltige Landwirtschaft
Die Liberalen sehen ihre Bemühungen für die weitere Zulassung von Glyphosat belohnt. „Der Einsatz der Freien Demokraten auf europäischer Ebene für die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat in Deutschland um zehn Jahre war erfolgreich“, erklärte Fraktionsvize Carina Konrad. Das Anwendungsverbot von Ex-Ministerin Julia Klöckner sei damit erfolgreich zurückgenommen worden.
„In diesen herausfordernden Zeiten darf den Landwirten ohne wissenschaftliche Grundlage und Alternativen nicht ein weiteres Werkzeug für nachhaltige Landwirtschaft genommen werden“, betonte die FDP-Politikerin. Die Bundesratsentscheidung schaffe Rechtssicherheit und Planbarkeit für die Landwirte. Als Erfolg für Planungssicherheit, Praktikabilität und wissenschaftsbasierte Politikentscheidungen wertete Fraktionskollege Dr. Gero Hocker den Bundesratsbeschluss.
Absage an nationale Sonderwege im Pflanzenschutz
Auch IVA-Hauptgeschäftsführer Frank Gemmer hob diesen Aspekt hervor: „Für Landwirtschaft, Handel und Industrie herrscht endlich wieder Rechtsklarheit.“ Gleichzeitig habe sich abermals gezeigt, dass nationale Sonderwege im Pflanzenschutz der falsche Weg seien. Gemmer wies darauf hin, dass mit der erneuerten Wirkstoffgenehmigung für das Herbizid im letzten Jahr das 2021 beschlossene nationale Anwendungsverbot von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln im Widerspruch zum EU-Recht stehe. Er erinnerte daran, dass Österreich schon 2020 mit dem Versuch gescheitert sei, glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel auf nationaler Ebene zu verbieten.
„Die europäische Harmonisierung im Pflanzenschutz und der Vorrang des europäischen Rechts sind ein hohes Gut“, so der IVA-Chef. Entscheidungen über Genehmigungen und Zulassungen müssten zukünftig wieder auf wissenschaftlicher Basis getroffen werden und nicht nach vermeintlichen Opportunitäten der Tagespolitik.“ Sachgemäß angewendet, leiste Glyphosat einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Landwirtschaft, helfe bei einer schonenden Bodenbearbeitung und beuge so Erosion vor, betonte Gemmer.
Wettbewerbsnachteil für deutsche Landwirte
Für Hennies ist die Entscheidung des Bundesrats gegen eine Aufhebung des Glyphosat-Verbots in Wasserschutzgebieten nicht nachvollziehbar: „Damit wird unseren Landwirten ein weiteres Bein im Wettbewerb auf dem europäischen Markt gestellt.“ Weder dem Verbraucher noch der Natur sei mit dieser Entscheidung geholfen. Stattdessen werde die Ernährungssicherheit mit guten Lebensmitteln aus der Heimat gefährdet, warnte Hennies.
Auch Umwelt und Klima würden durch den vermehrten Einsatz anderer Pflanzenschutzmittel sowie durch schlechtere Alternativen wie das häufigere Pflügen mehr belastet. Für den niedersächsischen Landvolk-Präsidenten zeigt sich einmal mehr, dass Sachargumente und selbst unabhängige Studien nicht mehr zählen. Selbst die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) habe Ende 2023 Glyphosat als sicher für Mensch und Umwelt eingestuft, und die EU-Kommission habe daraufhin den Wirkstoff für weitere zehn Jahre zur Anwendung in der EU freigegeben.
Wichtiger Etappensieg
Greenpeace bescheinigte Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir nach der Bundesratssitzung, er habe „einen wichtigen Etappensieg für den Schutz der Biodiversität“ eingefahren. Wasserschutzgebiete seien die Grundlage für die Trinkwassergewinnung, sie müssten besonders geschützt werden. Das sei ein Zwischenschritt hin zu dem im Koalitionsvertrag versprochenen Komplettverbot von Glyphosat. Im nächsten Schritt müsse der Minister ein ambitioniertes „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ vorlegen, „um die Menge an Pestiziden auf unseren Äckern deutlich zu senken.”
Der Deutsche Naturschutzring (DNR) hatte im Vorfeld nachdrücklich davor gewarnt, Glyphosat-Auflagen zu lockern: „Die Erlaubnis, den Wirkstoff auch in Wasserschutzgebieten einzusetzen, wäre ein enormer Rückschritt und käme einem Kniefall vor der Agrar- und Pestizidlobby gleich“, warnte DNR-Generalsekretär Florian Schöne am Donnerstag (13.6.) in Berlin. Glyphosat habe in diesen Gebieten nichts zu suchen. Im Wasser lebende Organismen müssten vor dem Wirkstoff konsequent geschützt werden. Anstatt „unverantwortliche Blankoschecks“ für Glyphosat zu erteilen, müsse die Ausbringung von chemischen Pflanzenschutzmitteln insgesamt deutlich reduziert werden, so Schöne.